Rede zum Antrag der Ratsfraktion DIE LINKE zu Erbpachtverträgen für den Wohnungsbau auf dem Flensburger Ostufer (Ratsversammlung am 21.03.2019)
Sehr geehrter Herr Stadtpräsident, sehr geehrte Ratsfrauen und Ratsherren, sehr geehrte Mitmenschen im Publikum und an den Bildschirmen.
Nun ist es also soweit. Wir entscheiden hier und heute auch über die zukünftige Wohnungspolitik und über die Weichenstellung des zu entstehenden Gebietes am Ostufer unserer Flensburger Förde. Die Beschlussvorlage RV 20/2019 ist ein strukturell wichtiger und schwer wiegender Beschluss für die zukünftige Entwicklung des Wohnraumes und damit der kommenden Sozialstruktur am Ostufer.
Wir, DIE LINKE Flensburg, ob Kreisverband oder Ratsfraktion, haben uns in dieser Frage ein gemeinsames Ziel gesetzt: Wir wollen einen „Hafen für alle.“
Diese drei Wörter „Hafen für alle“ möchten sich alle Parteien gerne auf ihre eigene Fahne schreiben. Nun ist es eine Definitionssache, was man unter dem Wort „alle“ versteht. Es gibt dafür nur ein maßgebliches Kriterium, dieses Wort auch ohne Drumherumgerede zu definieren. Dies ist die in Flensburg zurzeit existierende Wohn-, Sozial- und Einkommensstruktur.
Aufgrund dieser Tatsachen haben wir uns in der Fraktion DIE LINKE zusammengesetzt und die dafür maßgeblichen Daten zusammengesucht und in eine Tabelle eingetragen. Unser Ergebnis war eindeutig.
Um in diesem Gebiet Wohnraum für alle zu schaffen, bedarf es eines klaren Rahmens für gefördertes Wohnen und bezahlbares Wohnen. Mit unserer 5. Ergänzung fordern wir 1/3 geförderten Wohnraum und 1/3 bezahlbaren Wohnraum für alle Flensburgerinnen und Flensburger, die laut Recherche Ergebnis einen klaren Anspruch auf diese Art des Wohnens haben.
Die Frage ist nur: Was bedeutet dieses schwammige Wort „bezahlbar“?
Die Antwort ist eigentlich ganz einfach. Man nimmt die Einkommensverhältnisse in Flensburg und guckt sich an, ab wann ein Flensburger keinen soggenanten Wohnberechtigungsschein mehr bekommt. Dann guckt man sich das durchschnittliche Nettoeinkommen unserer Stadt an und kommt auf eine maximale Kaltmiete von 7,00 €/qm.
Hinzukommt, dass dieser von der Politik festgelegte Rahmen klar und rechtssicher in jeden einzelnen Erbbaupachtvertrag der Stadt mit eingeschrieben werden muss, um eine klare Kante nach außen zu zeigen. Und um den „freien“ Markt so zu begrenzen, dass eine Abkehr vom sozialen Denken hin zur Profitgier einiger im Keim erstickt wird.
Über eines sind sich alle Parteien hoffentlich einig: Wir reden hier über Wohnraum, der am Ostufer entstehen soll und nicht durch sogenannte Kooperationsverträge an anderer Stelle – sozusagen „zum Schein“ – verwirklicht werden sollen.
Diese vier festgelegten Punkte hat DIE LINKE Flensburg in ihrer 5. Ergänzung festgelegt, und über diese Punkte lässt sich nicht verhandeln. Denn diese vier Bausteine sind die einzigen, mit denen wir in Flensburg für alle menschen nachhaltig, generationsgerecht, sozial und einwohnerfreundliche bauen können.
Da ich hier die ganze Zeit von Zahlen und Recherche rede, möchte ich gerne einiges nennen, das unser Anliegen eindeutig unterstützt:
30.323 Flensburgerinnen haben in Flensburg eine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung. Das entspricht ca. 33% der EinwohnerInnen. Sie haben ein durchschnittliches Nettoeinkommen von 1810,43 €.
11.488 Flensburgerinnen beziehen zurzeit SGB 2, 3 und/oder 12. Das entspricht ca. 12,7% unserer EinwohnerInnen. Sie haben durchschnittlich 950,55 € inklusive Wohnkosten zur Verfügung.
10.984 Flensburgerinnen sind derzeit in einer Ausbildung und haben ein Durchschnittseinkommen von ca. 802 € im Monat. Das entspricht einem Einwohneranteil von 12,15%.
9.467 sind zurzeit Studierende in Flensburg, das entspricht 10,5% der EinwohnerInnen. Sie haben ein Anrecht auf 735 € im Monat, ebenfalls inklusive Wohnkosten.
Das sind nur einige Zahlen die in unsere Berechnungen eingeflossen sind und die unsere Bevölkerungs- und Sozialstruktur hier in Flensburg widerspiegeln.
Jetzt fragt man sich vielleicht, wie wir damit auf die Definition von 7,00 €/qm (Kaltmiete) für bezahlbares Wohnen gekommen sind.
Auch wieder relativ einfach. Wir haben uns eine repräsentative Studie vorgenommen und geguckt, was diese als bezahlbares Wohnen definiert. Die Hans-Böckler-Stiftung meint dazu in ihrer Studie „Sozialer Wohnversorgungsbedarf“: 25-30% Mietanteil des Nettoeinkommens sind als bezahlbar anzunehmen. Mit dieser Prozentangabe sind wir nun in unserer entsprechenden Einkommensstrukturen gegangen und haben dort am Nettoeinkommen angesetzt.
Der Median zwischen dem durchschnittlichen Nettoeinkommen in Flensburg und dem Einkommen bei dem kein Anspruch mehr auf ein Wohnberechtigungsschein besteht, ist somit unsere Grundlage, so dass 7.00 €/qm (Kaltmiete) als bezahlbar gelten.
Wenn ich mir nun alle Einkommen im prozentualen Anteil anschaue und diese mit den 25-30% verrechne, komme ich auf genau diesen Anteil von bezahlbarem Wohnraum, den wir LINKE in unserer Ergänzungsvorlage definiert haben.
Das ist das, was unsere Bevölkerung in Flensburg jeden Monat zur Verfügung hat, um ihren Wohnraum bezahlen zu können.
Ich frage mich nun also, warum sich einige Parteien so sträuben, unserer 5. Ergänzung für die gesamte Bevölkerung in Flensburg zuzustimmen und so ihrem Mandat gerecht zu werden. Und damit der Flensburger Bevölkerung den ihr zustehenden Anteil an bezahlbarem bzw. gefördertem Wohnraum zuzugestehen und so ein ganz klares Zeichen aus der Politik für Flensburg und für die Flensburger Bevölkerung zu setzen.
Deswegen appelliere ich hier an ihr freies Mandat und hoffe. dass Sie mit Ihrer Wahl zur Ratsfrau bzw. zum Ratsherrn eine Entscheidung im Sinne aller Flensburgerinnen und Flensburger treffen – so wie es die Zahlen und Fakten belegen.
Dankeschön.