Von Sevim Dagdelen, abrüstungspolitische Sprecherin der Fraktion DIE LINKE. im Bundestag
Unternehmen aus Schleswig-Holstein und Niedersachsen sind die größten Profiteure von Genehmigungen für Exporte von Kriegswaffen. Im Jahr 2020 haben Unternehmen aus Schleswig-Holstein dafür Exportgenehmigungen im Wert von rund 1,1 Milliarden Euro erhalten. Kein anderes Bundesland kam im vergangenen Jahr auf einen höheren Wert, wie aus derAntwort des Bundeswirtschaftsministeriums auf eine Kleine Anfrage von mir hervorgeht.
Auf Platz zwei folgte Niedersachsen mit Exportgenehmigungen im Wert von 973 Millionen Euro. Es wirft einen Schatten auf die beiden Nordländer, dass Unternehmen aus Schleswig-Holstein und Niedersachsen Spitzenreiter sind beim Export von Kriegswaffen in Krisenregionen und an kriegführende Staaten wie Ägypten oder an Katar, dem vorgeworfen wird, international Terrorgruppen zu unterstützen. All das zeigt einmal mehr: Wir brauchen endlich eine Umstellung der Waffenindustrie auf zivile Produktion!
Während in den drei Jahren davor Bayern der Spitzenreiter bei den Rüstungsexportgenehmigungen war, lagen Unternehmen aus Schleswig-Holstein im vergangenen Jahr mit fast 1,5 Milliarden Euro bei den Exportgenehmigungen von Kriegswaffen und sonstigen Rüstungsgütern vorn. Erklären lässt sich diese Veränderung vor allem durch die Genehmigungen für Rüstungsexporte im maritimen Bereich – in Schleswig-Holstein werden vor allem U‑Boote und Marineschiffe gebaut.
Beihilfe zu Verbrechen weltweit
Besonders skandalös sind die Exporte in Krisenregionen und an kriegführende Staaten: Alleine in Schleswig-Holstein wurden im vergangenen Jahr Rüstungsexporte nach Ägypten in Höhe von 626 Millionen Euro genehmigt. Dabei handelte es sich überwiegend um Kriegswaffen (586 Millionen Euro). Dass Ägypten am Jemen-Krieg und an den Konflikten in Libyen beteiligt ist, scheint die Bundesregierung nicht zu interessieren. Hauptexporteur war Schleswig-Holstein mit 524 Millionen Euro auch für Rüstungsgüter nach Israel. Davon entfielen 508 Millionen Euro auf Kriegswaffen. Mit ihrer Genehmigungspraxis unterläuft die Bundesregierung nicht nur ihre eigenen politischen Grundsätze für Rüstungsexporte, sondern gießt Öl in die kriegerischen Konflikte im Nahen Osten und in Nordafrika.
Rüstungskonzernen in Niedersachsen wiederum wurden Exporte im Umfang von mehr als 972 Millionen Euro genehmigt. Darunter sind Ausfuhren im Wert von 204 Millionen Euro für Katar, dem vorgeworfen wird, international Terrorgruppen zu unterstützen; 177 Millionen Euro davon sind für Kriegswaffen. Wir dürfen nicht vergessen: Die Genehmigung des Exports von Mordwerkzeugen ist Beihilfe zu Verbrechen weltweit.
Löchriger »Exportstopp«
Besonders verwerflich finde ich, dass die Bundesregierung 2020 trotz offiziellem Exportstopp weiter Waffenlieferungen an die saudische Kopf-ab-Diktatur genehmigt hat. Wie löchrig der angebliche Exportstopp nach Saudi-Arabien ist, zeigt die Genehmigung für Unternehmen aus Niedersachsen und Hessen, Rüstungsgüter an die im Jemen kriegführende saudische Diktatur liefern zu dürfen.
Die reale Genehmigungspraxis macht deutlich, wie dringend notwendig und überfällig ein gesetzliches Verbot von Rüstungsexporten ist. DIE LINKE fordert als ersten Schritt einen sofortigen Stopp aller Waffenlieferungen an alle Länder der Jemen-Kriegskoalition, wie es seit 2018 im Koalitionsvertrag zugesagt ist, darunter neben Saudi-Arabien und den Vereinigten Arabischen Emiraten das autokratisch regierte Ägypten, das mittlerweile sogar zu den Spitzenempfängern deutscher Kriegswaffen gehört. Die vielen Konflikte führen vor Augen: Jede Waffe findet ihren Krieg. Ich sage daher: Schluss damit! Waffenexporte verbieten!