Ampel und Union eini­gen sich auf Hartz V

Die Regie­rungs­frak­tio­nen SPD, FDP und Grüne haben sich im Streit um das Bürger­geld mit CDU und CSU auf Kompro­misse geei­nigt. Demnach sind unter ande­rem schär­fere Sank­ti­ons­mög­lich­kei­ten gegen Leis­tungs­be­zie­her geplant. Die soge­nannte Vertrau­ens­zeit von sechs Mona­ten, in der auf Sank­tio­nen aufgrund mangeln­der Mitwir­kung verzich­tet werden sollte, entfällt komplett. Statt der ursprüng­lich vorge­se­he­nen 60.000 Euro Schon­ver­mö­gen soll dieses nur noch 40.000 Euro betra­gen und 15.000 Euro für jede weitere Person im Haus­halt. Die geplante Karenz­zeit von zwei Jahren, in der die Kosten der Wohnung ohne weitere Über­prü­fung über­nom­men werden, soll auf ein Jahr verkürzt werden.

“Die Bull­do­zer der Union machen das Bürger­geld platt, übrig blei­ben Hartz-IV-Trüm­mer. Befris­tet keine Sank­tio­nen, ein Jahr Vertrau­ens­zeit, solide Karenz­zeit für Wohnung und ‘Vermö­gen’ — alles Puste­ku­chen. Ganze Arbeit geleis­tet, Fried­rich Merz, Markus Söder. Danke für nichts”, schreibt Frak­ti­ons­vor­sit­zen­der Diet­mar Bartsch im Kurz­nach­rich­ten­dienst Twitter.

Frak­ti­ons­vi­zin Susanne Ferschl kriti­siert den Ruf nach härte­ren Sank­tio­nen als einen ideo­lo­gi­sche Feld­zug der Union gegen Bedürf­tige und zukünf­tige Arbeits­lose. “Das soge­nannte Bürger­geld hat damit auch noch die letz­ten Federn eines sozia­len Fort­schritts gelas­sen. Nach der Eini­gung mit der Ampel werden nun auch weiter­hin Menschen in bester Agenda-Manier in Arbeit um jeden Preis sank­tio­niert, inklu­sive schlech­ter Kondi­tio­nen. Das repres­sive Hartz IV-System bleibt also intakt und belohnt weiter­hin dieje­ni­gen, deren Geschäfts­mo­dell auf Nied­rig­löh­nen, Mini­jobs, Befris­tung und Leih­ar­beit beruht. Damit haben CDU/CSU nicht nur Beschäf­tige und Sozi­al­leis­tungs­be­zie­hende gegen­ein­an­der ausge­spielt, sondern auch ihre Kampa­gne gegen gute Arbeit und eine höhere Tarif­bin­dung ist aufge­gan­gen”, so Ferschl.

“Ampel und Union eini­gen sich auf Hartz 5. Kein Vertrauen, weni­ger Schon­ver­mö­gen, jede Menge Sank­tio­nen und lächer­li­che 50 Euro mehr. Also weiter Armut per Gesetz. Wehe ihr nennt diese Farce noch einmal Bürger­geld”, twit­tert Jan Korte.

Arbeits­markt­ex­per­tin Jessica Tatti kriti­siert: “Das Vermitt­lungs­er­geb­nis zwischen Ampel und Union wurde auf dem Rücken der Menschen in Hartz IV und Sozi­al­hilfe erreicht. Vom schon unzu­rei­chen­den Bürger­geld blei­ben jetzt noch weni­ger Verbes­se­run­gen übrig. Wir brau­chen eine armuts­feste Sozi­al­leis­tung, damit sich die Betrof­fe­nen besser auf die Arbeits­su­che konzen­trie­ren können. Diese Eini­gung ist ein sozi­al­po­li­ti­sches Armutszeugnis.”

Voraus­ge­gan­gen war eine Blockade der Union im Bundes­rat. Die Beschluss­vor­lage von Ampel und Union wurde bereits dem Vermitt­lungs­aus­schuss von Bundes­tag und Bundes­rat über­mit­telt, der am Mitt­woch tagt. Das Bürger­geld soll nach dem Willen der Ampel zum 1. Januar 2023 Hartz IV ablösen.