Herr Stadtpräsident, liebe Kolleginnen und Kollegen, liebe Zuhörende,
in den vergangenen Jahren haben wir uns, mit unendlich viel Fördermitteln daran gemacht unsere Nordstadt aufzuwerten und das Leben dort sozialverträglicher zu gestalten. Im Windschatten der Stadtsanierung gibt es Programme wie: Soziale Stadt oder gesunder Stadtteil, die bis heute wirken. Sie helfen die soziale Schieflage ein bisschen aufzufangen.
Jetzt führen Sie mit ihren Plänen diese guten Absichten ad absurdum. Sie werden heute beschließen, die Hafenwirtschaft von der Ost- auf die Westseite zu verlegen.
Die Menschen in der Nordstadt sind ja ohnehin dem LKW und Panzerverkehr der ansässigen Betriebe ausgesetzt. Da kommt es wohl auf etwas mehr nicht mehr an. Wir hören Vokabeln wie „für das menschliche Ohr nicht wahrnehmbar“ oder „bei der derzeitigen Umschlagsmenge kein Problem“.
Selbst, wenn es bei der jetzigen Umschlagsmenge bliebe, bedeutet doch jede LKW-Fahrt eine Belastung.
Sie rechnen gegen, dass die Stadtwerke zukünftig nur noch wenig Kohle brauchen und der damit verbundene LKW-Verkehr abnimmt. Das mag schon sein — und das würde für die Menschen in der Nordstadt eine gewaltige Entlastung bedeuten. Eine Entlastung, die dringend notwendig ist und von uns allen gefeiert werden müsste. Stattdessen werden Sie heute entscheiden, das die ohnehin an Lärm und Feinstaub gewöhnten Nordstädter nicht entlastet werden. Sie sorgen für einen nahtlosen Übergang durch neue LKW-Touren in dem dicht besiedelte Gebiet. Ihnen genügt es festzustellen: „Wir glauben nicht“, dass es zu zusätzlicher Belastung kommt.
Ellen Kittel will zuhören im Quartier. Zuhören reicht nicht, Ellen! Es muss besser werden in der Nordstadt und es könnte jetzt besser werden.
Falsch ist aber auch die Aussage: „Es wird nicht schlimmer für die Menschen!” – denn die Umschlagsmengen werden sich, folgt man der Potenzialanalyse der IHK und vielen anderen Sachverständigen, stetig erhöhen.
Bisher zeigen sich aber die Ratsvertreter von SPD, CDU, den Grünen und der FDP total beratungsresistent, wenn Fachleute aus der Wirtschaft, ihre Bedenken äußern.
Deshalb bleiben wir mal klein. Ein Schiff mit 2400t Kies legt am Stadtwerkekai an und wird entladen. 2400t Kies sind 96 LKW-Ladungen, die im Schnitt innerhalb von 10 Stunden abtransportiert werden. Mit Leerfahrt ergibt das 192 LKW-Touren und damit alle 3 Minuten ein LKW. Im vergangenen Jahr waren es bummelig 80 Schiffsladungen, die abgefahren worden sind. In diesem Jahr werden es – so viel ist schon sicher — mehr sein.
Diese LKWs werden zukünftig um unsere neue Kita und 120 Kinder herum durch die Nordstadt donnern.
Es gehört schon eine Portion Zynismus und Ignoranz dazu diese Belastung aufs Jahr herunter zu rechnen, damit sie — „für das menschliche Ohr nicht wahrnehmbar“ ist. So verrechnet ist auch ein Panzer in der Apenrader Straße für das menschliche Ohr nicht wahrnehmbar. Nur die Gläser im Schrank klirren trotzdem!
Immer wieder hören wir, dass CDU, SPD, Grüne und FDP davon überzeugt sind, dass alle Fakten, die sie für die heutige Entscheidung brauchen, vorliegen.
Das scheint mir aber weder wenn es um die Belastung der Menschen geht, noch bei den zu erwartenden Investitionen für die Ertüchtigung des Westkais der Fall zu sein.
Ihr lasst euch trösten mit zierlichen 3 Millionen, die bisher dafür veranschlagt werden. Genau betrachtet, sind das die reinen Umzugskosten. Notwendige Investitionen in die marode Kaikante, die Kaiverlängerung, den Hochwasserschutz, die benötigten Lagerhallen u.s.w. und so fort sind noch nicht einmal ermittelt!
Auf der Westseite muss noch hergerichtet werden, was auf der Ostseite bis 2012 mit Hilfe von vielen Millionen Fördermittel ertüchtigt worden ist. Schon ist ziemlich sicher, dass ein Teil dieser Fördermittel für das Ostufer zurückgezahlt werden muss.
Dass neue Fördermittel für das Westufer zur Verfügung gestellt werden, kann wohl nicht ernsthaft angenommen werden.
Belastbare Fakten für die Entscheidung Wirtschaftshafen hüben oder drüben liegen also überhaupt nicht vor. Der heutige Ratsbeschluss entbehrt jeder Grundlage.
Nun schließe ich mit ein paar Worten zur Beteiligung der Einwohnerinnen und Einwohner und dem Demokratieverständnis unserer Oberbürgermeisterin als Verwaltungschefin sowie der Fraktionen von Grünen, SPD, CDU und FDP.
Wohl noch nie haben sich zu einer Planung so viele Menschen eingebracht, wie in den vergangenen Jahren zum Hafen Ost. Das war von allen Beteiligten eine großartige Leistung. Traurig und zutiefst undemokratisch ist es aber, wenn man denen, die sich konstruktiv beteiligt haben keine Gelegenheit gibt sich das Ergebnis des Prozesses genau anzuschauen, zu diskutieren, zu kritisieren und zu verstehen. Genau das ist hier aber passiert. Schon Ende 2017 war die Voruntersuchung praktisch abgeschlossen. Das Ergebnis wurde aber erst im Januar 19 veröffentlicht um es dann in Windeseile durch die Ratsversammlung zu peitschen. Sie werden wissen, wozu Sie diesen engen Zeitrahmen geschaffen haben. Uns und den Flensburgerinnen und Flensburgern bleiben nur Spekulationen. Sie haben mit dieser Vorgehensweise ein tiefes Mißtrauen und das Gefühl benutzt worden zu sein geschürt. Ein Beitrag zur attraktiven Kommunalpolitik war das nicht. Diese Nummer wird uns alle und besonders unsere Oberbürgermeisterin, die aufgrund ihrer basisdemokratischen Werte bundesweit bekannt ist, noch lange verfolgen.
Niemand hier will die Entwicklung des Ostufers verhindern!
Heute ist noch Zeit, um diese Entscheidung zu vertagen. Noch besteht die Möglichkeit die Probleme gemeinsam mit Innen- und Wirtschaftsministerium zu lösen. Diese Chance sollten wir wahrnehmen.